Im „Food Report 2021“ analysiert das Zukunftsinstitut den Wandel der Esskultur. Wir stellen einige der wichtigsten Trends vor, die die Gastronomie in diesem Jahr erwarten kann.
Regional und saisonal boomt
Während der Corona-Pandemie erfuhren regionale Lebensmittelanbieter einen regelrechten Boom. Wer Obst und Gemüse nicht im eigenen Garten anbauen kann, findet zahlreiche Bezugsquellen, um regional und der Saison angepasst einzukaufen: Online-Marktplätze wie markta oder Frischepost, Biokartons á la etepetete oder Gemüse-Abo-Kisten vom Bauern um die Ecke verzeichnen steigende Kundenzahlen – auch unter Gastronomen. Durch ein wachsendes Umweltbewusstsein achten Verbraucher sowohl beim Selbstkochen als auch beim Verzehr im Restaurant oder im To-Go-Geschäft verstärkt auf regionale und saisonale Lebensmittel. Herkunft, Qualität und Verarbeitung können damit zum Wettbewerbsvorteil für Gastronomen werden.
Veganismus: Stellenwert pflanzlicher Ernährung wächst
Vegan zu leben liegt derzeit voll im Trend. Rund 580.000 Menschen in Deutschland nahmen zu Beginn des Jahres offiziell am „Veganuary“ teil und ernährten sich einen Monat lang „plant-based“. Dass vegane Produkte wie Fleischersatz, Pflanzenmilch oder veganes Ei keine Nische mehr sind, wird sowohl im Supermarktregal als auch auf Speisekarten spürbar. Die Nachfrage nach veganen Gerichten steigt im Einzelhandel, in Restaurants und an Imbissen. Mindestens ein veganes Gericht ist inzwischen (fast) zur Pflicht geworden. Folgen Gastronomen diesem Trend, freuen sich Kunden und die Umwelt.
Snackification: Gesunde Mini-Mahlzeiten
Auch wenn während der Pandemie das Modell der drei Hauptmahlzeiten Frühstück, Mittag und Abendbrot in einige Haushalte zurückkehrte, ist dieses Konzept dennoch rückläufig. Immer mehr Menschen setzen auf „intuitives Essen“, also die flexible und individuelle Einnahme von Mahlzeiten, wann es sich für den Körper richtig anfühlt – auch bekannt unter dem Begriff „Snackification“. Dieser Trend hat auch Potential für das Take-Away- und Restaurantgeschäft: Kleinere Portionen und individuelle „Mini-Mahlzeiten“ sind gefragter denn je. Ob Bowls, Tapas, Mezze oder Ramen – gesunde kleine Gerichte für den Hunger zwischendurch passen zum mobilen Alltag der Verbraucher von heute und schaffen Flexibilität für Gast und Restaurant. Auch bei klassischen Speisen werden die Portionsgrößen kleiner. Fleisch und Fisch werden bewusster eingesetzt und spielen nicht mehr die zentrale Rolle. Sie werden immer häufiger von gesundem Gemüse abgelöst, das ideenreich serviert wird.
Soft Health: Frische Lebensmittel statt Kalorientabelle
„Soft Health“ setzt den Fokus auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide. Wer sich „soft“ ernährt, schenkt seine Aufmerksamkeit nicht bestimmten Nährstoffen wie Fett, Zucker oder Salz, sondern setzt auf vielfältige Gerichte, die dem Körper guttun – eine Chance für Gastronomen, Gäste mit ausgewogenen und gesunden Gerichten zu unterstützen, auch in Zeiten des Außer-Haus-Verkaufs.
Fast Good statt Fast Food
Gesundheit und Ausgewogenheit rücken immer stärker in den Mittelpunkt der Ernährung. Kann da das gute alte Fast Food eigentlich noch mithalten? Die Antwort: Das „Fast“ ja, das „Food“ nur bedingt. In unserem Alltag ist das Interesse an schnellen Mahlzeiten immer noch groß. Jedoch geht es nicht mehr nur um Geschwindigkeit. Fast Food muss heute auch qualitativ gut sein – auch „Fast Good“ genannt. Wenn die gesunden, schnellen Mahlzeiten dann zudem noch geliefert werden können, steht ihrer Zukunft nichts mehr im Wege.
Vertical oder High-Tech Farming
Gewächshausschränke, in denen Salate, Kräuter oder Pilze direkt im Supermarkt angebaut werden, das Züchten von Nutzpflanzen in Unterwasserfarmen oder Pflanzenanbau in mehrstöckigen Gebäuden mitten in der Stadt: Die ungewöhnlichen Anbaumethoden des Vertical Farming bzw. High Tech Farming kommen bereits jetzt in einigen Großstädten zum Einsatz. Sie sind besonders umweltfreundlich und ressourcenschonend und sollen zukünftig auch in Ballungsgebieten die Nahrungsmittelversorgung sicherstellen.
Ghost Kitchens: Küche ohne Gäste
Auch wenn Restaurants ohne Gäste ein typisches Bild der Pandemie sind, könnte die Gastronomie auch zukünftig so aussehen. In den USA liegen Ghost-Kitchens schon länger im Trend. In diesen professionell eingerichteten Küchen werden nur Liefer-Mahlzeiten gekocht, aber kein Essen serviert. Häufig sind diese „Geisterküchen“ in günstigeren Gewerbeimmobilien oder Lagerhallen am Stadtrand beheimatet. Manche von ihnen produzieren nicht nur für eine virtuelle Restaurant-Marke, sondern gleich für mehrere. Sie liefern ihre Speisen über Dienste wie Lieferando, Deliveroo oder Foodora aus. Zuhause schmeckt es dann so, als hätte man den Teller gerade erst vom Chefkoch persönlich erhalten.
Food Pairing: Aromen harmonisch kombinieren
Datteln im Speckmantel oder Chili in der Schokolade: Die Kombination mancher Lebensmittel ist in unseren Köpfen fest verankert. Beim Food-Pairing geht es jedoch darum, Kreationen zu erschaffen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Lebensmittel oder Gewürze passen bestmöglich zusammen, wenn sie sich sogenannte „Schlüsselaromen“ miteinander teilen. Daraus entstehen ungewöhnliche Kreationen, die jedoch perfekt miteinander harmonieren. So passen beispielsweise bislang ungewöhnliche Kombinationen aus Lachs und Lakritz, Mozzarella und Mango oder Rindfleisch und Popcorn laut Wissenschaft besonders gut zusammen.
Liquid Evolution: Gesunde alkoholfreie Getränke
Auch bei Getränken steht die Gesundheit inzwischen stärker im Fokus. Verbraucher verzichten zunehmend auf Alkohol und wünschen sich von Getränkeherstellern schmackhafte und innovative alkoholfreie Drinks. Bei der „Liquid Evolution“ geht es um die Weiterentwicklung alkoholfreier Getränke über Standardsäfte und Tees hinaus. Hersteller und Gastronomen experimentieren mit Techniken wie Fermentation, kombinieren unterschiedlichste Geschmacksrichtungen oder mischen mit Kräutern oder Zutaten wie Ingwer oder Kurkuma.
Seacuterie: Meeresfrüchte-Feinkost
Seacuterie bildet das Pendant zur Charcuterie: Nicht Fleisch- und Wurstspezialitäten stehen im Mittelpunkt, sondern das kunstvolle Zubereiten und Drapieren von Meeresfrüchten auf einer Servierplatte. In Australien ist Seacuterie schon lange angesagt. Nun wird das hochwertig angerichtete Seafood auch in Deutschland in mehr und mehr Lokalen angeboten. Ob Garnelen-Ceviche, fein aufgeschnittener Lachs, Kaviar, Austern oder Oktopus-Salami: garniert mit Beilagen wie Salaten, Dips oder Crackern kann die Seacuterie-Platte besonders für Fischrestaurants ein neuer Trend werden.